· 

Liebe ist die Antwort

 

Eine Beobachtung von Carmen Eva Leitmann

 

Vor ein paar Wochen bekam ich einen Anruf von einer Freundin, die mich fragte, ob ich den Kater der Tochter einer Freundin, bei mir aufnehmen möchte. "Er muss weg", sagte sie,  weil der Freund der Tochter allergisch ist. Ich versprach  mir den Kater anzusehen, wenn ich in der Stadt bin, sagte jedoch noch nicht zu.

Wie sich daraufhin herausstellte wohnte der Kater schon gar nicht mehr bei der Tochter sondern wurde bereits zwei Monate vorher zu einer anderen Pflegefamilie gebracht. Doch dort konnte er anscheinend auch nicht  länger unterkommen. Zwei Tage nach dem Telefonat, begann ich bereits bei mir zu Hause alles umzustellen und mich auf den neuen Mitbewohner  vorzubereiten.  Ich freute mich auf den kleinen Kater. Mein Herz hatte sich bereits entschieden, obwohl  der Verstand durchaus skeptisch war, ob ich mir da nicht einige Probleme ins Haus holen würde.

Ich brachte den bildschönen weißen Wohnungs-Kater aus der Stadt zu mir aufs Land. Auch der Kater war skeptisch, voller Unruhe tigerte er im Haus umher und versuchte unbedingt nach draußen zu gelangen. Er miaute und zeigte mir sehr eindringlich, was er wollte, kein Schrank war ihm zu hoch. Er hatte fürchterliche Angst vor Gewitter, fraß  beinahe ununterbrochen und begann mit Stresspinkeln auf meine Lieblingsplätze.

 

Ich reagierte gelassen, säuberte alles,  gab ihm zu fressen wann er es wollte, weil ich sah, dass der Kater völlig überdreht war, und sich dann, wie ein kleines müdes Kind,  in das "unbedingt Wollen" regelrecht hineinsteigerte.  Mir wurde ziemlich schnell klar, dass der Kater nicht wegen einer „Allergie“ weggegeben wurde, sondern einfach weil er frech und durchaus anstrengend war.  Eines Morgens, kurz nach dem Aufwachen, sah ich ihm zu und sagte zu mir: "Da hilft nur eins - Bedingungslose Liebe! Egal was er macht. Wer weiß was die kleine Seele alles schon durchgemacht hat, wenn er sich so behaupten muss."

 

Ich ließ eine Katzenleiter anbringen und schwuppdiwupp war der Kater draußen und streifte auf den Wiesen und Wäldern umher,  knurrte den Nachbarkater an.  Er lief und lief und lief, er ließ sich nicht mehr einfangen und plötzlich war er komplett verschwunden.  Alle von mir informierten und befragten „Spezialisten“ versicherten mir, dass ich mich darauf einstellen sollte, dass er wohl nicht mehr zurückkommt, denn er fühlte sich bei mir noch nicht angekommen, nach einer Woche, hatte er auch noch kein Vertrauen, schließlich hatte ich ihn ja, in seinen Augen,  aus seinem zuhause entführt. Orientierung, wo er nun war, hatte er ja auch nicht wirklich. Nach stundenlanger Suche setze ich mich erschöpft auf eine Bank und betete zu Gott:  „Lieber Gott, ich bitte Dich, schütze diese kleine Katerseele. Dein Wille geschehe, wenn er nicht zu mir zurück will, oder findet, dann bitte sorge dafür dass er einen Platz findet wo er geliebt wird und gut aufgenommen wird." 

 

Eine halbe Stunde nach meinem Gebet  tauchte er wieder in unserer Straße auf und es gelang mir ihn zurückzubringen.

Das Spiel ging weiter. Er quengelte, wenn er etwas wollte und ich versuchte soweit es ging ihn zu beruhigen. Ohne viel zu schimpfen, oder genervt zu reagieren. Wenn es meine Zeit erlaubte, beschäftigte ich mit ihm, wir spielten, oder ich bürstete sein Fell. Und was soll ich sagen. Nach einigen Wochen beruhigte er sich. Der Appetit regulierte sich, auch das Stresspinkeln hörte auf.  Wenn ich an meinem Schreibtisch sitze, liegt er neben mir  und schnurrt behaglich. Ohne Ermahnungen, Drohungen oder gar Bestrafungen fand der Kater von selbst zu seiner Ruhe. Über seine Katzenleiter geht er nach Belieben ein und aus, und ist glücklich und zufrieden.. So wurde aus einem  gestressten städtischen Wohnungskater, ein richtig glückliches Landei!

Liebe und Verständnis sind die Antwort.

 

 

September 2018